Mit Aufklärung gegen Spurenstoffe im Wasser!

Mit Aufklärung gegen Spurenstoffe im Wasser!

Abschlusskonferenz des Projekts „noPILLS in waters“ in Brüssel – Erkenntnisse für die Emscher-Lippe-Region

Über Stoffe wie PCB und Phosphat in den Flüssen ist in den vergangenen Wochen viel berichtet worden. Nicht vergessen darf man dabei die sogenannten Spurenstoffe – Reste von Arzneimitteln, die über das Abwasser in Flüsse wie die Emscher und in die Lippe gelangen. Ihr Einfluss auf den Menschen, wenn über das Trinkwasser eingenommen, ist unklar. Auf Flora und Fauna wirken sie jedoch in jedem Fall schädlich. In den regulären Kläranlagen können diese Stoffe mit konventionellen Techniken nicht komplett herausgefiltert werden. Was man dennoch gegen Spurenstoffe im Wasser tun kann – von der Produktion bis zur Entsorgung – das haben Emschergenossenschaft und Lippeverband in den vergangenen Jahren gemeinsam mit mehreren europäischen Partnern in dem EU-Projekt „noPILLS in waters“ untersucht. In der vergangenen Woche wurden nun in Brüssel zum Abschluss des Projekts die wichtigsten Erkenntnisse vor einem breiten Publikum, darunter auch Vertreter der EU-Kommission, präsentiert.

Auf dem Gelände des Marienhospitals in Gelsenkirchen hat die Emschergenossenschaft die PILLS-Spezialkläranlage gebaut. Foto: Jochen Durchleuchter/EG

Im Rahmen von „PILLS“, dem Vorläufer von „noPILLS“, hatte die Emschergenossenschaft von 2009 bis 2011 in Gelsenkirchen auf dem Gelände des Marienhospitals eine europaweit einzigartige Spezialkläranlage gebaut: Sie verfügt im Gegensatz zu den regulären Kläranlagen über weitergehende Reinigungsstufen wie Ozonung, Membranfiltration und Aktivkohlefiltration. In einer einjährigen Pilotphase bis 2012 wurde in Gelsenkirchen die Wirksamkeit der Anlage erforscht. Das Ergebnis: Während die regulären Kläranlagen bis zu 70 Prozent der Spurenstoffe eliminieren können, erzielte die PILLS-Anlage einen Wirkungsgrad von knapp über 90 Prozent. Für die Projektpartner bedeutete dies eine gute, aber zugleich auch schlechte Nachricht – denn eine 100-prozentige Eliminierung der Arzneimittelreste aus dem Krankenhausabwasser gelang trotz der Kombination der weitergehenden Klärtechniken nicht.

Das Nachfolgeprojekt
Diese Erkenntnis führte schließlich zu dem Nachfolgeprojekt „noPills“. Hier liegt der Schwerpunkt darin, bereits sehr viel früher anzusetzen: bevor die Medikamente überhaupt eingenommen werden, bevor der Arzt sie überhaupt verschreibt, bevor die Apotheke sie überhaupt verkauft, bevor die Spurenstoffe überhaupt erst ins Abwasser gelangen können!

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Ein Blick in das Innere der PILLS-Kläranlage in Gelsenkirchen. Foto: Emschergenossenschaft

Dülmen in Nordrhein-Westfalen wurde als Modellstadt für das Projekt des Lippeverbands ausgewählt, mit dem untersucht werden sollte, inwieweit schon durch eine Sensibilisierung der Bevölkerung sowie der Ärzte- und Apothekerschaft  die Belastung des Wassers verringert werden kann. Über gezielte Informationen sollten Verhaltensänderungen bei der Verordnung, Einnahme und Entsorgung von Medikamenten bewirkt werden, um Umweltbelastungen im Wasser zu senken.

Die Partner
Die Emschergenossenschaft und der Lippeverband hatten bei „noPILLS“ vier weitere Partner aus dem europäischen Ausland:
Frankreich – Université de Limo-ges
Schottland – Glasgow Cale-donian University
Luxemburg – Luxembourg Institute of Science and Technology (öffentlich-rechtliches Forschungszentrum)
Niederlande – Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu

Die Partner aus Schottland und Frankreich haben ihre Schwerpunkte während des Projektes neben technischen Innovationen auf die Sensibilisierung der Bevölkerung gelegt, wobei die Franzosen darüber hinaus intensiv den Verbleib von antibiotikaresistenten Bakterien im Abwasser und im Klärschlamm untersucht haben sowie den direkten Vergleich von zentraler und dezentraler Reinigung von Krankenhausabwässern.

Die niederländischen Partner haben etwa basierend auf dem Lebenszyklus von Medikamenten aufzeigt, an welchen Stellen man ansetzen könnte, um den Eintrag ins Wasser zu verringern oder gar zu verhindern. Die Luxemburger haben wie die Emschergenossenschaft in Gelsenkirchen eine Urinseparationskampagne  durchgeführt. Das Ziel dabei: Patienten der Radiologie sollen Röntgenkontrastmittel nicht über die Toilette ausscheiden, sondern über spezielle Urin-Beutel – die dann über den Müll entsorgt werden. Der Wasserkreislauf wird somit nicht mit den Spurenstoffen belastet. In Gelsenkirchen konnte die Emschergenossenschaft in einem Probezeitraum von nur zwei Wochen rund 40 Prozent der Patienten zur Teilnahme bewegen.

Bei der Abschlusskonferenz in Brüssel waren sich die Experten einig darüber, dass es derzeit keine geeignete Technik gibt, die Spurenstoffe 100-prozentig eliminieren könnte. Die weitergehenden Reinigungsstufen, die bislang erprobt wurden, sind zudem äußerst energie- und damit auch kostenintensiv. Nach Ansicht von Emschergenossenschaft und Lippeverband wird der Aspekt „Aufklärung und Sensibilisierung“ daher in den kommenden Jahren eine wesentlich größere Rolle spielen. Aktivitäten wie in der Modellstadt Dülmen könnten auch in anderen Städten stattfinden: an der Emscher von Holzwickede bis Dinslaken, an der Lippe von Hamm bis Wesel. Denn eines bleibt sicher: Über Spurenstoffe im Wasser wird auch in Zukunft noch viel geredet werden!

Die Förderung
Die Förderung teilen sich das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen und die Europäische Union mit dem INTERREG-IV-B-Programm.

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