Und dann hüpft der Lachs in die Emscher…?
Im Rahmen der KLIMAWOCHEN RUHR 2016 konnten interessierte Bürger an einer Führung über die Baustelle der neuen Emschermündung teilnehmen. Weitere Termine sind in Planung.
Regentropfen rinnen mir über die Nase und in meinen Kragen. Es ist durchdringend nasskalt. Ich fröstele und ziehe mir die Jacke enger um die Schultern. Gott sei Dank ist sie wasserdicht. Für eine Führung über die neu entstehende Emschermündung könnte es deutlich angenehmer sein als an diesem fiesen Aprilnachmittag. Immerhin trotzen wir – rund 15 Bürgerinnen und Bürger, Projektleiter Waldemar Galla und ich – den niederrheinischen Witterungsverhältnissen und haben uns am Stapp in Dinslaken zur Besichtigung zusammengefunden. Galla erklärt das Vorhaben:
Grüner Erholungsraum als Hochwasserschutz
Seit 2014 bauen wir einen neuen, naturnahen Mündungsbereich. Noch stürzt die Emscher hier über ein etwa sechs Meter hohes Absturzwerk in den Rhein. Es dient als ökologische Barriere zwischen den beiden Flüssen, die Fische und andere Lebewesen nicht passieren können.
Im Zuge der Bauarbeiten wird die Emschermündung jetzt um 500 Meter nach Norden in Richtung Voerde verlegt. Der ursprüngliche Lauf des Flusses in seinem Betonbett wird verfüllt und bleibt zusammen mit dem Absturzwerk als Denkmal erhalten.
Eine 20 Hektar große Aue wird dann den Höhenunterschied zum Rhein sanft ausgleichen und die Landschaft prägen. Dabei ist die neue Aue nicht nur ein reizvoller Blickfang, sondern auch überaus wichtig: Sie nimmt eine entscheidende Funktion im Hochwasserschutz ein, wenn der Rhein bei Überflutung über die Ufer tritt.
Reisefreiheit für Fische
Zurück in der Gegenwart stehen wir vor dem Bauzaun auf der Emscherbrücke und blicken durch das Metallgeflecht auf eine riesige Kraterfläche jenseits des Radwegs. Schwere Baufahrzeuge rollen über die Ebenen und Hügel aus hellbraunem Lehm, der sich durch den heftigen Regen stellenweise in tiefen Schlamm verwandelt hat.
„Und was passiert, wenn Emscher und Rhein barrierefrei zusammenfließen? Hüpft dann der Lachs in die Emscher?“, möchte ein freundlicher Senior wissen. Nein, weder im Rhein noch in der Emscher leben aktuell Lachse. Aber die Idee ist richtig, denn die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht eine Durchlässigkeit für alle Fließgewässer vor. Fische erhalten somit Reisefreiheit.
Die Gruppe diskutiert lebhaft: Warum das Ganze? Was kostet die Neugestaltung? Wann wird der ganze Emscher-Umbau abgeschlossen sein? Ein Teilnehmer resümiert charmant: „Wenn die Emscher nich so vergewaltigt worden wäre, dann hätte sich die ganze Region nich entwickeln können wie sie heute is. Ich komm´ aus Gelsenkirchen, hömma, da lag dat Viech früher tot aufm Acker wenn die Brühe ausse Emscher übergeschwappt is“. Heute sind wir auf einem guten Weg, uns mit dem geknechteten Fluss auszusöhnen: Wir geben ihm seine natürliche Gestalt zurück und schenken den Menschen in der Region neue Lebensqualität!
Weitere Termine in Planung
Aufgrund der hohen Nachfrage werden wir weitere Führungstermine anbieten. Die Ankündigung finden Sie rechtzeitig in den Medien und auf unserem Internetportal.
Titelbilder: Markus Greulich