Wissenstransfer nach Kabul!
Der Tag, an dem ich fast einen Dolmetscher brauchte – für meine eigene Muttersprache…
Das Erlernen der deutschen Sprache ist der erste Schritt in Richtung einer guten Integration. In meinem Fall hat das gut geklappt – zu gut, denn für meine Muttersprache brauchte ich nun auf unserer Kläranlage in Bottrop beinahe einen Dolmetscher…
Aber der Reihe nach: Ich bin 1978 in Kabul/Afghanistan geboren und kam kriegsbedingt 1980 nach Deutschland. Als Kleinkind lernte ich natürlich Deutsch – und vergaß darüber mehr und mehr das Farsi, die afghanische Landessprache… Am Mittwoch besuchte uns nun auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine offizielle afghanische Delegation, um sich bei uns in Sachen Wasserwirtschaft und Abwasserreinigung zu informieren. Dieser Sektor befindet sich in meinem krisengebeutelten Heimatland gerade im Aufbau, Expertenwissen wird dringend benötigt. Kläranlagen gibt es in Afghanistan (noch) nicht, das Abwasser versickert außerhalb der Städte im Boden – und verunreinigt das Grundwasser…
Für die Emschergenossenschaft sind solche Erfahrungsaustausche nicht ungewöhnlich. Mehrfach haben wir bereits unser Know-how für Anfragen aus aller Welt (u.a. aus Kolumbien, Algerien, China, Korea etc.) zur Verfügung gestellt. Und nun also Afghanistan! Als die Gäste mich sehen und hören, möchten sie mehr über mich und über meine Arbeit als Sprecher der Emschergenossenschaft erfahren.
Ich gebe alles – tatsächlich sogar in Farsi. Und merke, dass nicht nur die Gäste amüsiert und wenig unauffällig über meinen deutschen Slang schmunzeln, sondern auch meine eigenen Kollegen… Wird wohl Zeit, mich mal wieder meinen Afghanisch-Kenntnissen zu widmen. Vielleicht ja bald mal bei einem Gegenbesuch in Kabul?