Emschergenossenschaft stellte sich Fragen der Bürger
Die Emschergenossenschaft und die Stadt Dortmund haben sich Fragen von Anwohnern gestellt, die maßgeblich vom Starkregenereignis im Juli 2014 betroffen waren.
Rund 100 Bürger kamen zu der Veranstaltung, bei der die Emotionen zeitweise hochkochten – was aber auch durchaus verständlich ist angesichts der erlittenen Schäden. Die Betroffenen verlangten von den beiden für Hochwassermanagementfragen zuständigen Stellen, Emschergenossenschaft und Stadt Dortmund, Auskunft darüber, wie es zu den Überflutungen kommen konnte. Zur besseren Übersicht haben wir hier eine Auswahl der wichtigsten Fragen, die (bei der Bürger-Info und bei anderen Gelegenheiten) an die Vertreter der Emschergenossenschaft gestellt wurden, und ihre Antworten darauf:
Was genau ist eigentlich am 12. /13. Juli 2014 passiert?
Vereinfacht gesagt: Es hat zu viel Regen in zu kurzer Zeit gegeben. Binnen weniger Stunden ist im Einzugsgebiet des Hochwasserrückhaltebeckens Schmechtingsbach ungefähr die Wassermenge zugeflossen, die sich vergleichsweise im Phoenix See befindet: rund 600.000 Kubikmeter! Zu viel für das sich im Umbau befindliche Hochwasserrückhaltebecken, das schließlich überlastet war. Das Wasser trat über und gelangte auf die Grundstücke bzw. in die Keller der Anwohner.
War die Baustelle die Ursache für das Überlaufen des Beckens?
Nein, das Fassungsvolumen von 125.000 Kubikmeter konnte trotz der Baumaßnahme voll genutzt werden. Auch ohne die Baustelle wäre es bei dem Starkregenereignis zu einer Überflutung gekommen, da dem Becken zu viel Wasser in zu wenig Zeit zugeflossen ist.
Was ändert sich nach der Baumaßnahme?
Nach der Baumaßnahme wird das Fassungsvolumen des Hochwasserrückhaltebeckens 150.000 Kubikmeter betragen.
Hätte das künftige Becken das Ereignis vom 12. /13. Juli „verkraftet“?
Bei exakt den gleichen Randbedingungen hätte solch ein Starkregenereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit schadlos abgeführt werden können.
Wann wird das Becken denn fertig sein?
Im September 2015 werden die Arbeiten der Emschergenossenschaft voraussichtlich nach dem derzeitigem Stand fertig gestellt sein.
Wie weit ist denn schon der Bau der Staumauer an der Diedrichstraße fortgeschritten?
Diese Mauer ist bereits fertig gestellt.
Wenn das neue Becken in Betrieb ist, ist Marten dann endgültig vor Hochwasser geschützt?
Einen 100-prozentigen Hochwasserschutz kann es nie geben. Das technisch Machbare hat nun einmal seine Grenzen. Es kann, allein rein theoretisch, immer ein Regenereignis geben, das die Dimensionen auch des größten Beckens überfordert. Regen lässt sich leider nicht einfach so abstellen.
Wieso hat es nach dem Hochwasser von 2008 solange gedauert, bis überhaupt mit dem Ausbau des HRB Schmechtingsbach begonnen wurde?
Das hat mit den langwierigen Genehmigungsphasen zu tun. Die Emschergenossenschaft ist an behördliche Regelungen gebunden. Jede Maßnahme muss eingereicht und genehmigt werden. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens werden die Pläne zudem öffentlich ausgelegt und diskutiert. Ggf. muss bei berechtigen Einwendungen sogar noch nachgearbeitet werden. Diese Bürgerbeteiligung mag zwar verzögernd wirken, ist aber in einer funktionierenden Demokratie eine sehr gute Sache, da sich jeder Betroffene mit seiner Stimme einbringen kann. Anschließend müssen dann die Bauleistungen gemäß der geltenden Regelungen eu-weit ausgeschrieben werden.
Was hat die Emschergenossenschaft in punkto Hochwassermanagement überhaupt zu bieten?
Auch wenn es keinen 100-prozentigen Hochwasserschutz geben kann, so spielt das Hochwassermanagement eine bedeutende Rolle. In Zahlen ausgedrückt besteht der technische Hochwasserschutz bei der Emschergenossenschaft aus 117 Kilometern an Deichanlagen, 104 Hochwasserpumpwerken, 24 Hochwasserrückhaltebecken und einem Rückhaltevolumen von zurzeit rund 2,5 Millionen Kubikmetern – dieses Fassungsvolumen wird sich allerdings nach Beendigung aller aktuellen Umbaumaßnahmen in der Emscher-Region nahezu verdoppelt haben.
Welche Anlagen zum Hochwasserschutz besitzt die Emschergenossenschaft?
Von enormer Bedeutung ist das Hochwasserrückhaltebecken in Dortmund-Mengede: Im Notfall kann es den Inhalt von sieben Millionen Badewannen fassen und zurückstauen – und damit nicht nur die umliegenden Mengeder Bereiche, sondern auch all diese unterhalb von Dortmund liegenden Emscher-Städte vor Hochwasser schützen: Castrop-Rauxel, Recklinghausen, Herne, Herten, Gelsenkirchen, Essen, Bottrop, Oberhausen und Dinslaken.
Dieses Becken ist jedoch nicht die einzige Hochwasserschutzmaßnahme am Oberlauf der Emscher. Bereits vorgeschaltet sind zahlreiche weitere Anlagen. Bereits in der Vergangenheit bestanden diese Schutzeinrichtungen der Emschergenossenschaft. Im Rahmen des „Masterplans Emscher Zukunft“, dem „Drehbuch des Emscher-Umbaus“, wurden 2006 eine Reihe von Erweiterungen und Verbesserungen vorgestellt. Nach dem Jahrhundert-Hochwasser in Dortmund im Juli 2008 hat die Emschergenossenschaft die Umsetzung dieser Maßnahmen vorgezogen und mittlerweile nahezu fertiggestellt.
So entstanden zwei Stauräume in Holzwickede (Reuterstraße und Emscherpark) mit einem Volumen von insgesamt 12.350 Kubikmeter. Das Hochwasserrückhaltebecken an der Gartenstraße in Holzwickede wurde zudem von 20.000 auf 22.000 Kubikmeter erweitert. Ebenfalls vergrößert wurde das Rückhaltebecken an der Vieselerhofstraße in DO-Aplerbeck: von 52.000 auf 53.900 Kubikmeter. Das Hochwasserrückhaltebecken Nagelpötchen in DO-Schüren kann nun statt 89.000 insgesamt 101.800 Kubikmeter fassen. In DO-Hörde dient im Notfall der vor einigen Jahren neu angelegte PHOENIX See dem Fluss Emscher als Hochwasserrückhaltebecken: Der See kann zusätzliche 240.000 Kubikmeter Wasser aufnehmen (bei Trockenwetter hat der See ein Volumen von zirka 600.000 Kubikmeter).
Weitere Hochwasserrückhaltebecken befinden sich an den Nebenläufen der Emscher in Dortmund: Die Anlage „In der Meile“ entlastet den Oespeler Bach im Stadtteil DO-Marten, der 2008 ganz stark vom Hochwasser betroffen war. Hier erweitert die Emschergenossenschaft das Becken derzeit von 53.000 auf 58.000 Kubikmeter. Darüber hinaus erfährt auch das am Wochenende betroffene Hochwasserrückhaltebecken am Schmechtingsbach eine Verbesserung von derzeit 125.000 auf 150.000 Kubikmeter Fassungsvermögen. Die Erweiterung des Beckens befindet sich derzeit noch im Bau. Geplant ist die Fertigstellung des Beckens bis September 2015.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in Dortmund hat die Emschergenossenschaft im ebenfalls 2008 stark betroffenen Stadtteil Dorstfeld vorgenommen: Die Brücke „Am Mühlenberg“ wurde neugebaut und diesmal höher gesetzt, so dass die Emscher nun auch im Hochwasserfall problemlos abfließen kann, ohne die Brücke zu überschwemmen. Zudem wurde die Böschung in diesem Bereich erhöht. Ebenfalls neugebaut wurde der zuvor enge Emscher-Durchlass an der Huckarder Straße: Auch dort hat die Emscher nun wesentlich mehr Platz zum Durchfließen.
Die Emschergenossenschaft hat Ende Juni 2013 mit dem Bau eines weiteren großen Hochwasserrückhaltebeckens (HRB) auf Dortmunder Stadtgebiet begonnen. Das HRB in Dortmund-Ellinghausen wirkt im Verbund mit der gigantischen Anlage in Dortmund-Mengede. Die beiden Becken werden im fertiggestellten Zustand ein gemeinsames System bilden, das im Hochwasserfall ein Rückhaltevolumen von fast zwei Millionen Kubikmeter zur Verfügung stellt und somit wesentlich zur Hochwassersicherheit für die am Hauptlauf der Emscher liegenden Städte beiträgt.
Foto: Hans Joachim Blomke