Erste Zahlen zur Abwasserreinigung mit Aktivkohle
Auf der Kläranlage Dülmen war ich zuletzt bei der Inbetriebnahme der Pulveraktivkohle-Reinigungsstufe gewesen – im Mai 2015. Man erkennt die Anlage schon von weitem an dem silbernen Faulbehälter und dem schlanken, bunt bemalten Silo. Darin ist die Pulveraktivkohle gespeichert.
Heute, mehr als ein Jahr später, hat sich wichtiger Besuch angesagt – und dieser Gruppe schließe ich mich an: Norbert Römer, SPD-Fraktionsvorsitzender im Düsseldorfer Landtag, und André Stinka, Dülmener Abgeordneter und Generalsekretär der NRW-SPD, wollen sich die neue Reinigungsstufe anschauen. Zusammen mit Dr. Uli Paetzel, dem Vorstandsvorsitzenden des Lippeverbandes, Klärmeister Helmut Wissing und Betriebsmanager Christof Illigen gehen sie die Anlage ab. Am meisten erklären muss der Klärmeister – wie der Name schon sagt. Helmut Wissing, den in Dülmen mittlerweile jedes Schulkind kennt, ist mit seiner Anlage bestens vertraut.
Das Prinzip der Aktivkohle-Reinigung: Nachdem das Abwasser durch die Kläranlage geflossen ist, gelangt es ganz zum Schluss in ein großes „Kontaktbecken“, in dem sich auch fein dosierte Kohlepartikel befinden. Diese sind in der Lage, Spurenstoffe von Arzneimitteln, Röntgenkonstrastmitteln und Hormonen an sich zu binden, die auch nach dem normalen Klärprozess noch im Abwasser enthalten sind. Bevor das Wasser am Ende in den Tiberbach fließt, wird die Kohle wieder entfernt. Ein weiß lackiertes Schränkchen mit Arzneimittelschachteln auf der Kläranlage ist Symbol für die Spurenstoffe-Problematik.
Heute werden auch Zahlen veröffentlicht: Erste Auswertungen des Lippeverbandes haben ergeben, dass durch die moderne konventionelle Reinigungsstufe bereits rund 80 Prozent der Spurenstoffe entfernt werden können. Durch die Aktivkohle-Stufe kommen durchschnittlich weitere 8 Prozent hinzu. Dabei fällt die Abbaurate jedoch je nach Stoff sehr unterschiedlich aus. Für wichtige Spurenstoffe wie z. B. Carbamazepin (Anti-Epileptikum), Diclofenac (Schmerzmittel) oder Iopamidol (Röntgenkontrastmittel) liegen die Eliminationswerte weit über dem Durchschnitt.
Dies sind nur erste Auswertungen – insgesamt ist noch viel Forschungsarbeit zu leisten. Jetzt soll es ein groß angelegtes Forschungsprojekt geben, um in den nächsten zwei Jahren die Wirkungsweise der neuen Reinigungsstufe unter verschiedensten Betriebsbedingungen zu testen und zu optimieren. Dabei arbeitet der Lippeverband mit den Universitäten Bochum und Essen-Duisburg zusammen. Den größten Teil der Kosten trägt das Land Nordrhein-Westfalen.
Da passt es ja ganz gut, dass sich Landespolitiker vor Ort einmal umschauen.